Bei den Busenfreundinnen wurde diese Woche über einen “Klassiker der BHlogie” diskutiert: die Orange im Glas.
Der Begriff stammt aus der polnischen Bra-Fitting-Bewegung und ist ein Bild für ein Passform-Problem, das erst einmal nach einem zu großen Körbchen aussieht: der Stoff wirft Falten, die Brust füllt den BH nicht aus. Bei genauerem Hinsehen fällt jedoch auf, daß der Bügel auf der Brust und nicht daneben verläuft – er ist zu schmal, als daß die Brust überhaupt ins Körbchen hineinkommen könnte. So wie eine Orange, die am Rand eines Glases hängenbleibt. Oder in meinem Fall ausnahmsweise mal eine Avocado.
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OiG heute mal anders: Avocado inna Tasse |
Erst wenn der Bügel breit genug ist, um wirklich um die ganze Brust herumzuführen, läßt sich feststellen, ob das Körbchenvolumen hinkommt oder zu groß bzw. evtl. sogar zu klein ist.
Soll heißen, die Orange im Glas beschreibt ein Kompatibilitätsproblem das auf einem zu schmalen Bügel beruht. Im klassischen Fall sieht das etwa so aus:
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Grün = Brustbasis, Gelb = Bügel | Ist ein bißchen spooky geworden...
naja, durch Zeitnähe zu Halloween noch verzeihbar, oder? |
Das Grüne soll die Brustbasis sein, also der Bereich auf dem die Brust angewachsen ist. Die gelben Ringe sind die Bügel, die deutlich zu schmal sind um die Brust zu umschließen.
Der Modellfall der “OiG” von dem lange ausgegangen wurde, waren die unpassenden Schnitte im Bereich der ungefitteten A- und B-Cups, beispielsweise bei einer 75A, die zu groß wirkt, obwohl sie eigentlich schon zu klein ist: wegen der zu schmalen Bügel kann das Körbchenvolumen nicht genutzt werden, der BH liegt ein bißchen wie ein Hütchen auf der Brust. Bei einem engeren, ausreichend stützenden Unterbrustband würde jedoch sofort auffallen, daß das Cup noch zu klein ist. Häufig ist eine britische 30D für eine angebliche 75A-Frau die deutlich bessere Wahl.
Nun kann das Phänomen der zu schmalen Bügel natürlich auch in jedem anderen Größenbereich auftreten; ein ehemals schon oft von Maria genanntes Beispiel sind Brüste, die seitlich nicht deutlich definiert sind sondern eher sanft auslaufen. Vor allem bei dicken Frauen ist es manchmal nicht so klar, wo das Brustgewebe aufhört – gerade da ist es wichtig, daß die Bügel breit genug gewählt werden, sonst wird der Bügel vom Gewebe nach außen gedrückt und piekst in den Arm oder die Achsel.
Die Erwartungshaltung, ein BH sei zu groß, ist übrigens nichts was nur Frauen mit kleinen Brüsten haben, Stichwort Buchstabenphobie. Der zu probierende BH wird dann oft nur schnell übergestülpt – wirft Falten? Na, dann muß er wohl zu groß sein!
Nun rutschen größere Brüste aber selten von selbst an Ort und Stelle, häufig muß noch “nachsortiert” werden. Daher ist der scharrende Griff hinter den Bügel und das ordentliche Anheben der Brust wirklich unbedingt notwendig um eine OiG auszuschließen. (Zum richtigen Anziehen siehe bspw. den
7 Punkte Plan)
Neben der klassischen Orange im Glas gibt es jedoch auch noch eine - sagen wir mal - Unterform, der ich selbst lange keine Beachtung geschenkt habe, obwohl sie mir beim Live-Fitten häufiger begegnet ist.
Angenommen eine Beispielfrau trägt bei Elomi eine 38GG, möchte aber unbedingt einen Panache-BH probieren und versucht eine 38GG im Andorra – Fazit: viel zu klein. Nach mehreren Versuchen wäre man dann bei irgendwas absurdem wie einer 38J angekommen, weil alles andere zu klein war. Die Bügel der 38J sind aber nun so lang, daß sie die arme Beispielfrau förmlich aufspießen. Zusätzlich bleiben die Körbchen unten leer und die Bügel drücken auf den Bauch.
Ein möglicher Grund dafür ist, daß die Brust zwar oben die Bügelbreite braucht, die Bügel selber aber zu tief und U-förmig sind um richtig unter die Brust zu passen. Ich hab das schon mal vor zwei Jahren in einem kurzen Beitrag zu
“Warum BHs nach unten rutschen” erwähnt. Mittlerweile – dank mehr Praxiserfahrung – glaube ich, daß das häufiger vorkommt als ich damals gedacht hätte.
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Bügel ist unten zu schmal für die eher breite Brustbasis. |
In diesem Beispiel ist das Körbchenvolumen eher zu groß als zu klein – der unten verschenkte Platz muß ja oben irgendwie ausgeglichen werden. Dh. wenn der BH oben keine Brötchen macht ist das Volumen eigentlich schon zu groß. Gemessen an der klassischen Variante ist das eigentlich schon fast eine umgekehrte Orange im Glas.
Anzeichen dafür ist auch, daß man bei einem passenden Schnitt im Körbchen wieder runtergehen kann. (Beispiel Elomi)
Leider kann ich in anderen Größenbereichen noch nicht mit Ideen dienen; theoretisch sind Bügel von Bravissimo, Curvy Kate, Fantasie und Freya alle ein bißchen mehr häkchenförmig (“Nike-Swoosh”) als die sehr U-förmigen Panaches/Cleos. Es gibt aber auch viele Fälle, in denen der Wechsel von Panache auf andere Marken auch nichts bringt. Sobald es da was Neues gibt, werde ich berichten. Bzw. wenn ihr was dazu wißt:immer her mit den Infos!)
Lange Rede, kurzer Sinn: die richtige Bügelbreite und –form ist ein nicht zu unterschätzender Aspekt beim Brafitting. Zum Thema Bügel gibt es passenderweise auch einen ganz neuen Gastbeitrag bei Lingerie Addict,
Bra Wires 101 – A Basic Guide by Lyzzy Beswick.
Wie kommt ihr mit euren BH-Bügeln klar?
Schon mal eine Orange im Glas erlebt?