Ich gestehe, ich schreibe diesen Beitrag mit gehörigen Bauchschmerzen. Ich überlege schon lange, ob ich das Thema vielleicht besser unterschlagen sollte, weil diese Größenrechner zu so vielen Fehleinschätzungen und Mißverständnissen führen (können) und geführt haben. Andererseits ist es ein wichtiges Thema und irgendwie glaube ich auch an die Vernunft der Menschen und ihre Fähigkeit, Dingen kritisch zu begegnen und werde im Text gefühlte hundert Warnhinweise unterbringen.
Abgesehen davon nehme ich an, daß das Thema fortgeschritten suchmaschinentauglich ist - wir wollen ja auch gefunden werden. ;)
Meine Bedenken, hier auf dem Blog "elektronische Brafitter" vorzustellen, gründen sich vor allem darauf, daß ich schon bei vielen Frauen eine Art Zahlenfetischismus beobachtet habe, der in der Auffassung mündet, daß die ausgegebene Größe unbestreitbar die richtige sein muß und die Zahlen quasi objektiv die Brustgröße vorgeben (vgl. auch
Buchstabenphobie).
Nun handelt es sich aber schon bei der Erfassung der Maße um eine sehr ungenaue Angelegenheit; aus zwei Meßwerten Rückschlüsse auf den Körper zu ziehen ist die eine Sache. Die andere ist dann daraus noch mal eine BH-Größe abzuleiten - BHs fallen einfach unterschiedlich aus. Es ist mehr als unwahrscheinlich daß "die Größe" immer paßt.
Wie man es auch dreht und wendet: Brafitting ist einfach keine exakte Wissenschaft, daher empfehle ich:
★ Nehmt die Ergebnisse der Rechner nicht für bare Münze, sondern lieber als Ausgangspunkt, wenn ihr orientierungslos seid. (Wenn ihr schon nahe dran seid an der richtigen Größe ist BH-Anprobieren viel aussagekräftiger.)
★ Stöbert ein bißchen bei den Erstberatungsthreads der Busenfreundinnen und in den Häufigen Passform-Problemen.
★ Wenn ihr damit nicht weiterkommt, laßt euch dort im Forum beraten. (Kostet nix. Bitte aber nur ernstgemeinte Anfragen!)
★ Besucht ein gut sortiertes Wäschegeschäft und probiert euch durchs Sortiment.
★ Guckt euch die Einführungsbeiträge zum Thema hier auf dem Blog an (z.B. nyads Warum zwei Maße nicht ausreichen., Wie finde ich die richtige BH-Größe? oder Zum Verhältnis von Unterbrustumfang und Unterbrustband.)
So, nach dieser Vorrede endlich zum Thema.
Minimalvoraussetzung für einen elektronischen Brafitter, den es sich zu benutzen lohnt, wäre, daß er ein sinnvolles Größenspektrum anbietet. Wenn man ständig nur Fehlermeldungen bekommt wie "Der eingegebene Wert ist zu klein/groß", "Es existiert keine passende Größe" oder sonstwas, dann hilft das natürlich gar nicht weiter. Leider sind viele Rechner nur auf das übliche Größenspektrum ausgelegt und solche Fehlermeldungen kommen entsprechend häufig vor.
Ein weiteres Kriterium für seine Nützlichkeit wäre, daß er mit mehr Informationen programmiert ist als eine übliche Tabelle. Wenn ich bei einem herkömmlich gemessenen Unterbrustumfang von 83cm ein 85er Band mit dem zugehörigen Brustumfang empfohlen bekomme, kann ich mir die Berechnung auch gleich sparen.
Im Folgenden also einige Beispiele für Größenrechner, die besser sind als die üblichen, die ich aber zur Größenermittlung für Anfängerinnen auch nicht empfehlen würde.
Ein Klassiker in Brafitting-Kreisen ist der elektronische Brafitter von Mariska:
Es gibt ihn auch als etwas upgedated-te Version mit Erklärung unter
(Link führt zu einer Version der Seite, die vom Google Translator übersetzt wurde.)
Ausgegangen wird hier vom engst-möglichen Unterbrustweite (Maßband bis zum Zerreißen anspannen) und dem Brustumfang im Stehen. Die Ergebnisse sind für ein bestimmtes Größenspektrum gar nicht so schlecht, bei Frauen mit kleinen Brüsten, mit sehr großen Brüsten oder mit großen Unterbrustumfängen sind sie jedoch eher unbrauchbar.
Dadurch, daß schon der engst-mögliche Unterbrustumfang abgefragt *und* zusätzlich abgerundet wird, gibt der Rechner sehr (evtl. zu) enge Unterbrustbänder aus.
Ein weiteres Manko ist die verwendete Kreuzgrößentheorie, nach der statt einem Körbchen pro Unterbrustband immer zwei gewechselt werden, so daß es sehr schnell zu einer großen Abweichung kommt.
Mein Primärergebnis 32HH ist recht zutreffend. Doch schon bei einem Zentimeter Unterbrustumfang weniger wird mir 30JJ vorgeschlagen; eine solche Kombination aus zu starkem Abrunden und zu großen Körbchen kann schnell zur sog.
Umgekehrten Buchstabenphobie führen.
Zentral für die Treffgenauigkeit des Rechners ist natürlich auch die Frage, aus welchen Messwerten das Ergebnis ermittelt werden soll.
Die skandinavische Unterwäsche-Firma
Change bietet einen Größenrechner in ihrem
BH Guide an, den man mit zwei herkömmlich gemessenen Werten füttern soll.
"Herkömmlich gemessen" heißt das Maßband eher locker über die weiteste Stelle der Brust zu legen und unter der Brust etwas enger zu mssen, jedoch nicht so, daß das Maßband in die Haut einschneidet. Oft wird noch empfohlen vorher auszuatmen.
Der Change-Rechner rundet recht deutlich im Unterbrustband ab. Die Körbchengröße gilt allerdings wohl nur für BHs von Change, die in einem eigenen Größensystem produziert werden. Die ausgegebene Größe 75J paßt mir (v.a. aufgrund der Schnittführung von Change) leider nicht. Das Unterbrustband wäre mir auch viel zu weit.
Ebenfalls ein Größenrechner der eine markenspezifische Größe ermitteln soll, ist der
Rechner von
Ewa Michalak. Hier wird der Unterbrustumfang sehr eng, normal gemessen und der Brustumfang vorneübergebeugt abgefragt. Mein Ergebnis, 75HH, paßt mir bei Ewa Michalak ebenfalls nicht. Allerdings kommt der Wert relativ nah an meine passende UK-Größe heran.
Der
"Brafitter" von
Buestenhalter.com berechnet seine Größen aus mehreren Messwerten und fragt u.a. - genau wie die Busenfreundinnen, zwei verschiedene Unterbrustweiten ab: den absolut minimalen Wert mit maximal gestrafftem Maßband und den herkömmlich gemessenen. Das Ergebnis überzeugt aber nicht besonders - mein angebliches Brustgewicht halte ich für zu gering angegeben, die Umrechnung von UK und EU-Größen wird rein nach Tabellenwerten vorgenommen. Allen bisherigen Erfahrungen sind die beiden Größensysteme nicht einfach rechnerisch ineinander übertragbar, aber immerhin wird nicht beides gleichgesetzt. Das ist doch schon mal was. ;)
Ausgegeben wird mir als Vorschlag 85H und 38E. Die Unterbrustbänder sind mir dramatisch zu weit, 34E ist mir im Cup viel zu klein. 85H könnte einigermaßen hinkommen. Als Alternativvorschlag erhalte ich 34J, was mir wiederum ca. 2 Cups zu groß ist.
Mein Fazit: Der Rechner ist zwar gut gemeint, aber die Ergebnisse sind nicht so berauschend. Ein Pluspunkt ist immerhin, daß Erklärungen und Bilder zum Erkennen von Passformproblemen beigefügt sind.
Ingesamt erinnern mich Rechner und Auswertung stark an einen Rechner, den eine ehemalige Userin des Busenfreundinnen-Forums erstellt hatte.
Der
Größenrechner der
Krone der Schöpfung fragt als Messwerte tendenziell wieder die üblichen ab. Den Unterbrustumfang soll man "sehr straff messen", was aber sowohl "herkömmlich gemessen" heißen kann wie auch "Maßband bis zum Zerreißen anspannen". Je nachdem welchen Wert ich in Kombination zu meinem Brustumfang eingebe bekomme ich mit der Auswahl "Standard" die Größen 80FF, 75GG oder 70HH vorgeschlagen. Der Rechner unterscheidet in dieser Version offensichtlich nicht in UK und EU-Größen und geht ebenfalls nur nach Tabellenwerten vor, so daß sich minimale Differenzen in der Unterbrustumfangmessung in großen Unterschieden im vorgeschlagenen Körbchen niederschlagen. Allerdings verweist er neben der Kerngröße auch noch auf Nebencup- und Kreuzgrößen, die passen könnten.
Wählt man spezifische Marken aus, ändern sich die Vorschläge. Der Rechner ist der Meinung, bei Cleo BHs bräuchte ich 34H, bei Panache Superbra Modellen sollte mir 34GG reichen. Meinen Erfahrungen nach hängt das bei beiden Marken vom Schnitt ab.
Die BH-Größe "perfekt ermitteln" wäre also etwas anderes...
Wie bereits mehrfach erwähnt, ist es einfach eine Sache der Unmöglichkeit, anhand von zwei Werten direkt die richtige BH-Größe zu errechnen: Das Volumen, die Dichte, die Form einer Brust kann man ja nicht mit einem Maßband bestimmen. Es läßt sich höchstens einen Ausgangswert ermitteln, von dem aus man sich durch verschiedene Größen durchprobieren kann.
Ausschlaggebend ist für die Paßform ist aber nicht nur die nominelle Größe sondern auch der Schnitt und das konkrete Exemplar. Ich würde 34H und 32HH als meine Kerngrößen bezeichnen, je nach Marke und Modell paßt mir aber auch mal 36G, 34HH oder 32J. Manche Schnitte sind prinzipiell gar nicht mit meiner Brust kompatibel. Ich habe eine ganze Weile gebraucht um festzustellen, wann ein BH wirklich paßt - erfahrungsgemäß kann man sich durch einen zu festen Glauben an Zahlen ganz schön in die Irre führen lassen.
Daher zum Schluß noch mal die Essentials der richtigen Passform:
★ Das Unterbrustband sollte weder nach oben noch nach unten rutschen, sondern stabil sitzen - nach Möglichkeit auch, wenn man die Träger über die Schultern streift.
★ Die Bügel sollten die Brust von allen Seiten umschließen und nirgends auf dem Gewebe aufliegen.
Die Bügel dürfen auch nicht zu breit sein, sonst geht signifikant Stabilität verloren!
★ Der Steg (BH-Mittelteil) soll das Brustbein berühren und nicht abstehen.
★ Die Körbchen sollten gut ausgefüllt sein; Falten können auf ein zu großes Körbchen oder einfach einen suboptimalen Schnitt hinweisen.
Das Brustgewebe sollte an keiner Stelle über den Körbchenrand quellen und auch bei Bewegungen an Ort und Stelle bleiben. Unter einem T-Shirt sollte man den Übergang zwischen Brust und BH nicht erkennen können.
★ Die Träger sollten so wenig Gewicht wie möglich tragen und nicht einschneiden! Sie sind nur für die Form der Brust, nicht für den generellen Halt zuständig!
Wie genau läßt sich eure BH-Größe mit den o.g. Rechnern bestimmen?
Steht ihr solchen Berechnungsmethoden skeptisch gegenüber oder neigt ihr dazu, Zahlen zu vertrauen?