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Freitag, 19. Dezember 2014

#accept every body: Das postmoderne Geständnis, Teil 2

Bezugnehmend auf Teil 1 dieser Minireihe möchte ich zuallererst auf die Kampagne Trans*Bashback hinweisen, die sich gegen Trans*diskriminierung richtet. Die Mail dazu erreichte mich einen Tag, nachdem ich den letzten Blogpost veröffentlicht hatte.

Neben der Geschlechtsidentität, die beim letzten Mal Thema war, beinhaltet eine Selbstbeschreibung oft noch einen Marker für die Hautfarbe und/oder die Herkunft. Die deutsche Bevölkerung ist so mehrheitlich weiß, dass die meisten eine solche Selbstbeschreibung nicht auf dem Schirm haben. Weiß zu sein, das ist eben normal und damit unsichtbar. Auffällig ist nur, wenn jemand nicht-weiß und/oder nicht-deutsch ist. 

Die Verschränkung von Nationalität und rassistischer Zuschreibung ist ein superkompliziertes Thema und rumzuspekulieren, wer nun in welchem Grad diskriminiert wird, würde den Rahmen dieses Postings sprengen. Unstrittig ist aber wohl, dass einer weißen Person aus Schweden i.d.R. weniger differenzierende Merkmale unterstellt werden als jemandem der aus Polen kommt. Dass Türk*innen als ‘fremder’ wahrgenommen werden als Italiener*innen. Dass die Diskriminierung zunimmt, je dunkler die Hautfarbe ist.

So sehr wir uns das auch jeweils wünschen mögen: wir sind nun mal nicht farbenblind, wenn es um nicht-weiße Menschen geht. Das einzige, was wir strukturell nicht sehen können, ist das Weißsein. Wir denken uns wenig bei der Auswahl von Makeup-Farben oder dabei, welche Farbe Pflaster und Verbände und Unterwäsche haben, die als ‘hautfarben’ oder ‘nude’ ausgezeichnet sind. Ich werde auch nicht von jedem sofort gefragt, wo ich herkomme. Höchstens manchmal, im Zuge eines längeren Gesprächs, ob ich denn in Berlin aufgewachsen bin. Ich werde auch nicht fetischisiert und exotisiert, weil ich eine Frau bin und einer nicht-weißen Minderheit angehöre. 

Den Marker “Ich bin weiß” aufzumachen, heißt insofern einfach, darüber nachzudenken, was es bedeutet weiß zu sein, welche Privilegien der Unsichtbarkeit und Normalität damit verbunden sind und welche rassistischen Vorurteile wir unreflektiert mit uns herumschleppen.

Es ist nicht immer leicht, das Dilemma auszuhalten, eigentlich zu “den Guten” gehören zu wollen, aber sich eingestehen zu müssen, dass das eben nicht nur eine reine Willensentscheidung ist. Es ist auch nicht einfach, einen vernünftigen Umgang mit dieser Problematik zu finden und weder jegliche Schuld an strukturellem Rassismus von sich zu weisen noch in ein beständiges Mea Culpa zu verfallen.

An der Stelle wird vielleicht auch deutlich, warum ich die ganze Angelegenheit selbst so ein bisschen spöttisch Geständnis nenne. (Und ja, das ist natürlich auch bei Foucault geliehen)

Apropos, mehr oder weniger elegante Überleitung: Sexualität und Wahrheit ;)

Es ist 2014 und in 17 Ländern der Welt (und in den USA immerhin in 40 Bundesstaaten) können homosexuelle Paare heiraten. Deutschland gehört nicht dazu. 

Trotzdem ist auch hierzulande der mehr oder weniger aufgeklärten Bürger*in natürlich bewusst, dass es ziemlich viele Menschen gibt, die nicht heterosexuell sind, sondern sich zu Personen des gleichen Geschlechts hingezogen fühlen. Im Allgemeinen wird Homosexualität dann einfach als Abweichung vom Normalzustand der Heterosexualität aufgefasst. 

Unglaublicherweise ist damit aber noch nicht alles zum Thema Sexualität gesagt, denn es gibt ja auch noch Menschen, die sich sexuell zu Männern und Frauen hingezogen fühlen, also bisexuell sind. Und Menschen, die sexuelle Attraktion nicht von dem als biologisch definiertem Geschlecht abhängig machen – das nennt sich dann pansexuell.

Darüberhinaus lese ich in letzter Zeit immer mehr die Selbstbeschreibung ‘asexuell’. Dass erwachsene Menschen irgendwie an Sexualität interessiert sein müssen, egal ob dann hetero oder homo oder bi, das ist auch so ein unausgesprochenes Dogma. Sexualität gilt als unbestreitbares menschliches Bedürfnis, dabei sollte ja eigentlich jede*r der*die schon sexuelle Erfahrungen gesammelt hat, auch schon mitbekommen haben, dass nicht jede*r gleich viel Lust hat. Manche wollen immer, manche wollen eher so nie. Und während beide Pole pathologisiert werden, gilt das Mittelfeld als normal. Was auch immer das dann sein soll.

Asexualität ist dabei ein Wort, das höchstens als Schimpfwort für diejenigen gebraucht wird, denen man sexuelle Attraktivität absprechen will. Sexy zu sein gehört in unserer Gesellschaft fest zum Set der höchst erstrebenswerten Eigenschaften. So wie erfolgreich und intelligent. 

Sich mit der Selbstbeschreibung ‘asexuell’ oder auch ‘demisexual’/‘greysexual’ aus diesem gesellschaftlichen Normalisierungsprozess rausziehen zu können, scheint gerade bei Teenagern im Internet gut anzukommen. Gefühlt vergeht keine Tumblr-Surf-Session mehr, bei der ich nicht auf Selbstzuschreibungen dieser Art treffe. Nun ist das Internet natürlich auch ein Super-Ort für Leute, die keine körperliche Nähe zu anderen Menschen suchen. Das erklärt die Häufung.

Gleichzeitig ist das Phänomen des strukturellen sexuellen Desinteresses aber auch kein neues. Man denke nur an die zahllosen Beziehungsratgeber, die versprechen wieder Leidenschaft in eine sexlose Ehe zu zaubern. Die Frage, die sich dabei stellen sollte – und die leider so selten formuliert wird – ist ob nicht einfach grundsätzlich Libido eine sehr ungleich verteilte Angelegenheit ist und ob es Sinn macht, zu versuchen daran rumzuschrauben.

Ein wenig Licht auf die Problematik wirft eine ergänzende Bezeichnung, die das romantische Bedürfnis erklären soll. Ein Sheldon Cooper (Big Bang Theory) z.B. scheint zwar recht deutlich asexuell zu sein, seine Beziehung zu Amy spricht aber dafür, dass er kein Aromantiker ist, sondern vermutlich ‘heteroromantisch’. 

Wenn man die Frage der Romantik einbezieht, dann eröffnet sich plötzlich ein ganz neues Level von Beziehungen: die besten Freundinnen, die sich verhalten wie ein altes Ehepaar, die Beziehungen, die super laufen – bis auf das Liebesleben; die Begrifflichkeit erfasst, dass wir Menschen extrem nahe sein können, ohne unbedingt mit ihnen ins Bett zu wollen. 
Ein Begriff schafft immer auch die Möglichkeit, etwas zu denken (und zu verstehen), das ohne ihn völlig unbegriffen bliebe. (Die Gefahr, Worte nur wie Etiketten auf irgendwas draufzukleben, muss man natürlich auch im Hinterkopf behalten)

Wenn ich lese, dass sich jemand mit 15 als biromantisch und greysexuell beschreibt, dann freue ich mich darüber, wie viel Freiheit und Selbstbestimmung alleine diese Identifizierung schon beinhaltet, die Menschen, 10, 20, 30 Jahre später noch nicht für sich reklamiert haben.

Das geht nun über Körperakzeptanz schon ein Stück hinaus – aber gleichzeitig auch wieder nicht, denn Sexualität selbstbestimmt praktizieren zu können mit einem minimierten gesellschaftlichen Druck, also eine Verteidigungsstrategie gegen die Regeln wann und wie oft man mit wem denn ‘normalerweise’ Sex haben muss, zu haben, zielt wieder zurück auf den Kern der ganze Idee.

Damit ist für heute auch schon wieder Schluss. Ich freu mich wie immer über eure Kommentare und Meinungen.
Cheerio,
eure george
CaligulaRib on tumblr "Current sexual orientation:
Idris Elba decorating a Christmas tree in space"


Mittwoch, 10. Dezember 2014

#accept every body: Das postmoderne Geständnis, Teil 1

Wer sich ein bisschen in den alternativen Ecken des Internets (*hust* tumblr *hust*) herumtreibt, stolpert immer häufiger über ein Set von Selbstidentifizierungen. In der Regel beinhaltet das eine Geschlechtszuschreibung, also sieht sich die Person als weiblich, männlich oder nicht-binär (also weder männlich noch weiblich), dann ob die Person die Geschlechtisdentität annimmt, die bei Geburt erfolgt wird (cis = Übereinstimmung, trans = Nicht-Übereinstimmung). In meinem Fall wäre das bspw. so, dass ich mich als weiblich identifiziere, was auch das Geschlecht ist, dass mir bei Geburt zugeschrieben wurde. Nach dem Muster würde ich mich also als cis-Frau bezeichnen.

Der Sinn dieser Unterteilung erschließt sich für viele erst mal nicht, weil sie zwischen dem, wofür sie die Gesellschaft hält, und ihrer eigenen Geschlechtsidentität keine Differenz wahrnehmen. Wenn mich jemand als Frau XY anspricht, dann ist das ja für mich korrekt. Nun hat aber sicher jede/r schon mal so einen Moment gehabt, in dem jemandem ein Fehler in der Ansprache unterlaufen ist. Z.B. wenn ein Brief falsch adressiert ist. Wenn ich als Herrn XY angesprochen werde, rolle ich die Augen und denke mir “Näh. Wie kommen die denn drauf, dass ich ein Herr XY sein könnte…”

Das ist natürlich eine Kleinigkeit, aber es stört mich doch so ein bisschen. Ein prägenderes Beispiel war für mich der Beginn meiner Pubertät – ich habe mich als Kind sehr stark mit Jungen identifiziert. Das spiegelt sich jetzt noch in der Wahl meines Nicknames (Georgina ‘George’ Kirrin von den Famous Five/5 Freunden). Hätte ich die Wahl gehabt, wäre ich lieber ein Junge gewesen, denn Jungen sind mutig und stark und schnell und irgendwie besser als weinerliche Mädchen. Sic! (Ich lasse das jetzt einfach mal so stehen) Doch dann kam der Moment, in dem ich es plötzlich beleidigend und verletzend fand mit meinem Tomboy-Outfit und den kurzen Haaren für einen Jungen gehalten zu werden. Im Zuge des Erwachsen(er)werdens begann ich mich doch als Mädchen zu identifizieren. Daran hing für mich auch eine heterosexuelle Begehrensstruktur: ich wollte als Frau wahrgenommen werden. Um meine Weiblichkeit zu verdeutlichen, habe ich dann angefangen meine Haare wachsen zu lassen und meine Augen zu schminken. Das ist dann ein Teil von dem was man “doing gender” nennt: eine Geschlechtsidentität performen.

Hier sieht man vielleicht schon – an dieser wirklich nur klitzekleinen Brucherfahrung mit dem was wir in der Regel unhinterfragt als Normalität wahrnehmen – dass sich an dem Punkt mehrere Selbst- und Fremdzuschreibungen überschneiden, die letztlich bestimmen, wer man ist.

Und wir haben wohl alle das Bedürfnis, in unserer Individualität und Besonderheit von anderen anerkannt zu werden, also so gesehen zu werden, wie wir uns auch selber sehen.

Hier setzt das an, was ich in der Überschrift so ein bisschen flapsig das postmoderne Geständnis genannt habe: ich beschreibe mich öffentlich mit einer Reihe von “Markern”, um der Festlegung von außen vorzugreifen. Und auch um klar zu machen, dass nicht nur die Abweichung von der Norm etwas ist, das man benennen muss. Es ist auch prägend, wenn man mit seiner (Teil-)Identität auf gar keine Widerstände stößt, also das Privileg hat, dass Fremd- und Selbstbild gar nicht oder kaum auseinanderfallen.

Wenn mich jemand kennenlernt, dann wird er oder sie ganz selbstverständlich davon ausgehen, dass ich eine cis-Frau bin, weil optisch alles darauf hindeutet. Für mich gibt es da entsprechend kein Problem, ich sehe mich ja selber so.

Es ist aber auch wichtig festzustellen, dass es Leute gibt, die ständig falsch zugeordnet werden, eben weil sich ihr Erscheinungsbild nicht mit dem deckt, was die gesellschaftliche Erwartunghaltung ist. Oder einfach weil sie – Skandal! – sich in keiner der beiden zur Verfügung stehenden Schubladen verorten können/wollen.

Für jemanden, der noch nie darüber nachgedacht hat, erscheint das evlt. erst einmal schräg. Wir sind gewohnt, dass Menschen entweder männlich oder weiblich sind. Wenn wir jemanden nicht sofort zuordnen können, werden wir nervös. Vielleicht seid ihr auch schon mal im Bus jemandem gegenüber gesessen, den ihr nicht identifizieren konntet und habt euch dabei erwischt nach Bartstoppeln zu suchen oder den Hals auf einen Adamsapfel gescannt oder weiß der Teufel?

Es ist schwierig, das abzustellen, vielleicht unmöglich, aber wenn wir uns für liberal und weltoffen und progressiv halten (und ich hoffe, die LeserInnen dieses Blogs tun das ;)), dann müssen wir einfach mal festhalten, dass Individualität eben nichts ist, was notwendigerweise in unsere Denkschemata passt und unser Denken das ist, was sich anzupassen hat. Ich zumindest würde anderen Menschen gerne mit Respekt begegnen und sie so ansprechen, wie sie es sich wünschen.

Zur nichtbinären Identität gehört – zumindest im englischen Sprachraum – ein Sortiment von geschlechtsneutralen Pronomen. Also neben weiblichen (she/her) und männlichen (he/his) gibt es noch eine Reihe von anderen Pronomen, um deren Benutzung im Zweifelsfall gebeten wird. Am häufigsten ist ein einfacher Plural (they/their), der z.T. auch im Deutschen Anwendung findet. Eine Liste von anderen Optionen findet ihr bei der englischen Wikipedia im Artikel Gender-neutral pronouns.

Im Endeffekt geht es beim postmodernen Geständnis also um zwei Dinge: dass Menschen so angesprochen und betitelt werden, wie sie es möchten – aber auch darum, dass sichtbar gemacht wird, dass üblicherweise verwendete Zuschreibungen nicht selbstverständlich sind.

Wenn ich also über mich sage, ich bin cis-weiblich und für mich sollten bitte die Pronomen sie/ihr verwendet werden, das erscheint das erst einmal überflüssig. Aber gerade so kann ich zeigen, dass es eben keine ‘natürliche Sache’ ist, sondern eine gesellschaftliche, in der sich Fremd- und Selbstzuschreibung nicht zwingend harmonisch verhalten.

Puh, ja, starker Tobak für einen Lingerieblog, ich gebe es zu.
Allerdings gehört das für mich zur Kampagne “accept every body” schon ziemlich essentiell dazu. Und so richtig Brafitting-interessiert bin ich leider gerade nicht - ich hoffe, ihr findet das Thema nicht allzu off topic und vielleicht doch ein bisschen interessant und auch wichtig.

Ich mache jetzt hier für heute mal einen Cut. Demnächst mehr über Sexualität, Hautfarbe, Herkunft, und was sonst noch so dazu gehört...

Habt ihr schon eine Meinung zum Thema?
Immer her mit den Kommentaren!

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Jessica Simpson for Esquire via 90swoman.wordpress.com