Jedes Jahr, kurz nach Silvester, wenn die Winterkollektionen aus den Läden fliegen und durch die Frühjahrsmode ersetzt werden, taucht es wieder auf, das Schreckgespenst Bikinifigur: Leider nicht nur auf den Covern unzähliger Modemagazine, die schnelle Diäten und Fitnesstips anpreisen, sondern auch im eigenen Kopf. Das muß nicht unbedingt etwas damit zu tun haben, daß man seinen Körper nicht mag - gemeinhin hat man ja schon ein paar Jährchen Zeit gehabt, ihn mit allen seinen Vorzügen und Macken lieb zu gewinnen. Aber das heißt ja umgekehrt auch nicht, daß man den Gedanken besonders prickelnd findet, ihn nur leicht bekleidet den Blicken eines überkritischen Freibadpublikums preiszugeben.
Eine alte Outfit-Binsenweisheit besagt, daß Kleidung bisweilen wie eine Rüstung funktioniert; wenn man trägt, worin man sich wohl und sicher fühlt, strahlt man das auch nach außen aus. Nur wie läßt sich das auf die prekäre Freibad-Situation übertragen?
Das Problem ist nämlich häufig nicht nur, daß Badebekleidung eben aus wenig Stoff gemacht ist, sondern auch, wie der wenige Stoff am eigenen Körper aussieht. Manche Frau gerät ins Grübeln, ob es nicht doch vielleicht an seiner bestimmten Form liegen könnte, daß nichts so richtig passen will: Die Brüste sind zu klein, zu groß, zu hängend, der Hintern zu dick, zu flach, zu wenig straff, die Oberschenkel sind cellulite-geplagt und der Bauch zu umfangreich. Wer kennt sie nicht, die endlose Litanei der Imperfektion?
Und während Strand, Freibad und Badesee wie Damokles-Schwerter über einem hängen und die Aussicht auf ein weiteres Jahr im alten, unpassenden Badeanzug vorzeitige Sorgenfalten und graue Haare verursachen, blickt man dem herannahenden Sommer(-urlaub) statt mit unbändiger Vorfreude mit eher gemischten Gefühlen entgegen.
Nun ist aber die Goldene Regel des Brafitting:
Das Kleidungsstück muß sich dem Körper anpassen
nicht umgekehrt der Körper sich an ein Kleidungsstück!
Neben den vielen angenehmen Aspekten, die die Massenproduktion von Kleidungsstücken mit sich gebracht hat, hat sie leider auch den fundamentalen Irrtum produziert, das Angebot müsse direkt mit dem Bedarf identisch sein. Das heißt, was nicht hergestellt wird, wird auch nicht gebraucht - und wenn das nicht paßt, was man kaufen kann, dann ist man selbst im höchsten Maße unnormal.
Zugegeben, Konfektionsgrößen werden nach Durchschnittsmaßen berechnet und man kann davon ausgehen, daß ein großer Teil der Bevölkerung mehr oder weniger (vermutlich mehr schlecht als recht) in die angebotenen Kleidungsstücke paßt. Da aber jeder Körper einzigartig ist, gibt es eigentlich keine Frau, die nichts zu klagen hätte.
Gleichzeitig besteht ein Dogma der Selbstverbesserung: Die Frau als solche ist zwar immer (körperlich) imperfekt, sollte aber dennoch oder gerade deswegen alle denkbaren Versuche unternehmen, sich einem utopischen Schönheitsideal anzunähern. Aus irgendwelchen unverständlichen Gründen wird nun Schönheitsideal und aus dem Durchschnitt (oder von mir aus auch nur der Nachfrage) abgeleitetes Angebot ins eins gesetzt und daraus ein Minderwertigkeitskomplex konstruiert.
Bei genauerer Betrachtung offenbart sich also die Vorstellung, es könnte am eigenen Körper liegen, daß die auf einen Durchschnittswert zugeschnittene Konfektionsgröße nicht paßt, als ziemlich absurd. Immerhin legt man ja auch sonst Wert auf Einzigartigkeit und Individualität.
Der erste Schritt Richtung Wohlfühlen wäre also, sich nicht weiter mit Einheitsgrößen, die eigentlich niemandem passen, und dieser One-Size-Fits-All-Mentalität abspeisen zu lassen.
Passende Badebekleidung, in der man sich wohl fühlt, ist aber auch keine utopische Forderung. Wenn man weiß, wo man suchen muß, stellt man schnell fest, daß es jenseits des Mainstreams bereits viel mehr Angebot gibt, als man zu träumen gewagt hätte.
Doch davon ein andermal mehr...
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Rodeo Bikini von C & A - erhältlich in den Konfektionsgrößen 34-44; ohne Cup-Angabe.
Bildquelle: C&A
Klassischer Adidas-Badeanzug mit Ringerücken - erhältlich in den Konfektionsgrößen 34-46.
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Bildquelle: Sport Scheck
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