D&D-Tip: Persönliche BH-Beratung in Hannover

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Sonntag, 12. Januar 2014

Dessous und Begehren: die Sexualisierung von Wäsche

Ich habe mich schon häufiger gefragt, wie ich mein Interesse für Bra Fitting so verpacke, daß bei “Nicht-Initiierten” richtig ankommt; die erste Reaktion wenn ich sage, ich beschäftige sich mit Unterwäsche, ist nämlich eher sowas wie peinlich berührtes Schweigen. So, als hätte ich – ungefragt – über meine sexuellen Vorlieben geplaudert. Ja, erm, Themenwechsel?!

Meine nachgeschobene Erklärung, es ginge um passende BHs für Frauen, was ein verbreites (gesellschaftliches!) Problem sei, und – naja – erst mal um Funktionskleidung, wird dann schon gar nicht mehr wahrgenommen; ist quasi dem Jugendschutzfilter zum Opfer gefallen. Und der kommt schon mit einem ganzen Set von Assoziationen (sonst würde das Filtern ja nicht funktionieren). Nach dieser Vorstellung ist dann auch Dessous-Blog = Bilder von sich für den ‘male gaze’ räkelnden, halbnackten Frauen in Häuchen von Nix. 

Verrückterweise ist für mich die ganze Angelegenheit mit den BHs ja in erster Linie feministisches Projekt – also ein Weg, Frauen zu einem besseren Körpergefühl, mehr Selbstvertrauen und optimierter Bewegungsfreiheit zu verhelfen. Man könnte also, provisorischerweise, sagen: das Gegenteil von dem was mir unterstellt wird. 

Mir ist es total wumpe, was eine Frau drunterträgt, so lange es hält und stützt und formt wie sie möchte und sie sich damit wohl fühlt. Es kann ein sog. Brustpanzer sein, ein T-Shirt-BH, ein durchsichtiges Stückchen Tüll oder ein bondage-inspiriertes Retroteilchen – I don’t care. Das ist – erst mal – persönliche Geschmackssache. Was ich mir wünsche, ist daß diese Vorstellungen des Ideal-BHs für alle Frauen, unabhängig von Körperform (in erster Linie), real umsetzbar sind, daß also der Markt ein Angebot bereitstellt, daß sich mit der realen Vielfalt der Frauen deckt (zumindest annähernd). Und dann können wir über individuelle Vorlieben im Design sprechen.

Diese Herangehensweise reflektiert natürlich stark meine persönlichen Gewichtungen: ich betrachte BHs eben erst mal als Unterwäsche, in diesem Sinne Funktionskleidung, und hänge einem gewissen “form follows function”-Pragmatismus an. Wie vermutlich der Mainstream der deutschen Frauen. Trotzdem möchte ich nichts tragen müssen, was ich selber unattraktiv finde; d.h. jenseits von Lingerie-Begeisterung in einem sexuellen Kontext muß ich mich in einem solchen ausziehen können, ohne das Gefühl zu haben irgendwie… äh… unpassend gekleidet zu sein. ;-)

Das ist natürlich ein sehr niedrigschwelliger Anspruch wenn es um die Kleidsamkeit von Lingerie geht, der nicht nur etwas mit dem Mangel an sexy Wäsche in meiner Größe zu tun hat, sondern auch mit meinem mangelnden Interesse am “sich in Szene setzen”. Umgekehrt zur eingangs erwähnten gängigen Unterstellung, muß ich mir nämlich oft selber auf die Finger klopfen, nicht in Tendenzen von Slutshaming zu verfallen.

Ja, richtig gelesen, Slutshaming. Oweia. 

Bei mir spult sich beim Stichwort “sexy Dessous” gleich der ganze Katalog von Vorurteilen ab: Standard-Porno-Optik mit Plastiktouch, kein Körperhaar, rote Plastik-Spitze, Beate-Uhse-Katalog. 

Mein Problem ist nämlich, daß ich – offensichtlich genau wie die Leute, die mir einen Wäschefetisch unterstellen – so krass geprägt bin von der üblichen Darstellung von Frauen in der Werbung, daß ich mir Dessous nur noch an gänzlich passiven Objekten männlichen Begehrens vorstellen kann: die gezeigte Person reduziert sich im Bild auf den reinen Körper, von ihrer Subjektivität bleibt quasi nichts übrig. Im Gegensatz zu einer explizit fetischisierten Darstellung, beispielsweise in einem BDSM-Kontext, in der die Unterwerfung gerade den Kink ausmacht, ist diese im Werbebild unmarkiert vorausgesetzt. Dazu kommt natürlich auch die Konsens-Frage: was in einem ‘Vanilla-Zusammenhang’ creepy und rapey ist, ist in einem s/D-Verhältnis abgesprochen und vereinbart. Vielleicht kann man es so erklären, was mich so extrem stört. Dieses ganze “Wickel mich aus, ich bin dein Geschenk”-Topos, das mit der Idee permanenter Verfügbarkeit und dem Diktat von sterilster Attraktivität daherkommt, das nervt mich einfach. Bäh.

Selbstverständlich sollte man aus der medialen Darstellung nicht ableiten, daß Frauen, die gerne schöne Wäsche tragen, sich damit automatisch zum willenlosen Objekt männlicher Begierde machen und sich damit irgendwie anti-feministisch verhalten. (Das war, was ich mit Slutshaming meinte.) Nicht nur, weil das Begehren auch ein nicht-normativ heterosexuelles sein kann, sondern auch weil Sexualität in ihren unterschiedlichen Ausprägungen sowieso kein Gegenstand von Wertung oder Beurteilung sein sollte. Es ist einfach wie es ist. Neben Slutshaming beinhaltet das auch Kinkshaming. Nur weil ich jetzt Lingerie nichts ungewöhnlich aufregendes abgewinnen kann, heißt das ja nicht, daß ich anderen das absprechen, schlechtmachen oder sonstwie "vorwerfen" sollte. Insofern weiß ich auch, daß meine eingangs erwähnte Abwehreaktion gegen die Unterstellung, ich hätte eine sexuelle Affinität zu Wäsche, alles andere als unproblematisch ist.

Es ist irgendwie schwierig...

Was auf jeden Fall schon mal ein Schritt in die richtige Richtung wäre, um aus der "Objektfalle" rauszukommen wäre eine andere Form von Präsentation. Ungefähr zeitgleich zu dem Beitrag, der den Denkprozess zu diesem Post anstieß (Diversity & Sexuality: Talking About the Way We Talk About Victoria’s Secret bei The Lingerie Addict), durchsuchte ich bei tumblr den “Red Lingerie”-tag – inspiriert von Anja’s Rote Wäsche zu Silvester-Zusammenstellung – und neben dem ganzen expliziten Material das ich fand (es ist halt tumblr!) war kaum ein Bild dabei, das ich jetzt guten Gewissens hätte rebloggen wollen. Dabei waren meine Kriterien eigentlich nicht so wirklich revolutionär. Ich wollte ein Werbebild, das mehr auf das Gefühl der Frau mit sich selbst abzielt als implizite Einladung zur sexuellen “Benutzung” ist, also eine Darstellung von Subjektivität, von Aktivität, von Empowerment, von Selbstaneignung, von Zufriedenheit, Spaß, was auch immer. Irgendetwas *in* der gezeigten Person als Individuum, wozu ich mich in Verbindung setzten kann…

Dazu gehört auch die vielzitierte Diversity, also eben nicht nur die Abbildung von jungen, schlanken, weißen, able-bodied CIS-Frauen mit 0815-Brustgröße, die man bis zur Unkenntlichkeit gephotoshopped hat, sondern Women of Colour! Transfrauen! Dicke Frauen! Behinderte Frauen! Kleinbrüstige Frauen! Großbrüstige Frauen! Frauen mit Tigerstreifen! Frauen über 40! In verschiedenen Konstellationen! Go! Go! Go!

So wie die Dinge gerade liegen, ist ein schlecht ausgeleuchtetes tumblr-Selfie ungefähr 3ooomal sexier als die üblichen Werbebilder. Tatsächlich habe ich festgestellt, daß es mir hilft, andere als die üblichen Werbe-Körper in Unterwäsche zu sehen, um aus dieser Gleichsetzung von Dessous=Geschenkverpackung rauszukommen und den Spaß nachvollziehen zu  können, den viele an schöner Unterwäsche haben. Denn darum geht’s ja letztendlich.

So, es ist zwar noch längst nicht alles dazu gesagt, aber hier ist jetzt erst mal Schluß mit Bekenntnis.

Wie immer interessiert mich eure Meinung! Her mit den Kommentaren!

agent provocateur
Rosie Huntington-Whiteley in the Commercial Love me Tender for Agent Provocateur,
one of my favourite brands when it comes to sexist cliches (see rant linked below)
Very male-gazey but at least with a surprising turn...
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