English after the jump,
In den folgenden Wochen soll es auf dem Blog in unregelmäßigen Abschnitten Beiträge zum Thema Gynäkomastie geben. Gynäkomastie beschreibt das Wachstum der Brust, bzw. der Brustdrüsen, beim Mann. Dieses Thema scheint in unserer Gesellschaft stark tabusiert, da es heteronormativen Konstruktionen von Männlichkeit entgegenläuft und wir hoffen hiermit einen Beitrag zur Aufklärung über das Thema zu leisten. Diese Beiträge werden sich im Stil von den anderen im Blog unterscheiden. Wir möchten nämlich Menschen mit Gynäkomastie die Möglichkeit geben, ihre Erfahrungen zu teilen und Alternativen zur operativen Brustreduktion aufzuzeigen. Den Anfang macht heute Chrisko, der eine Einführung in das Thema gibt und seine ersten Reaktionen auf das Wachstum der eigenen Brust beschreibt. Chrisko wird auch eventuelle Fragen in den Kommentaren beantworten, bitte habt aber Verständnis, dass eventuell erst nach der Weihnachtszeit geschieht.
Hilfe, da wächst was! – Eine Einführung in die Gynäkomastie
Bisher habe ich dieses Thema nie wahr genommen, denn ich bin ein Mann und ein Mann hat bekanntlich keine Brüste!
Doch in den letzten Jahren werden die Rundungen meiner Brust immer deutlicher und sind kaum mehr zu übersehen. Ich als Mann mit 52 Jahren bekomme eine Brust wie die einer Frau, es bricht eine Welt zusammen. Was passiert hier mit mir?
Der erste Ansatz heißt googeln und schon kommen die ersten Antworten, darunter auch der Begriff der Gynäkomastie, was nichts anderes heißt wie die Vergrößerung der männlichen Brust. Na schön, doch was ist das jetzt, kann doch nicht sein. Wie sehe ich jetzt aus, ich kann damit doch nicht mehr unter die Leute. Es sind unendliche Fragen die mich sehr intensiv beschäftigen, vor allem aber: Wo kommt das her? und: Wie kriegt man das wieder weg?
Für Gynäkomastie gibt es viele Gründe, zum einen tritt sie im jugendlichen Alter auf und verschwindet dann auch ganz gern wieder, manchmal bleibt sie aber auch erhalten. Weitere Gründe sind vor allem Prostata- oder Hodenkrebs, Leberschäden, Alkoholismus, Medikamenteneinnahme, Diabetes, Adipositas, Schilddrüsenerkrankungen und noch so ein paar Kleinigkeiten.
Bei mir ist es die Diabetes in Zusammenhang mit den Medikamenten, viele andere haben völlig andere Ursachen. Selten sind die auslösenden Faktoren eins zu eins vergleichbar oder übertragbar, jeder macht mit der Gynäkomastie seine eigene Geschichte durch, doch es gibt sicher auch einige Parallelen.
Irgendwann erreichte es bei mir den Punkt, dass die Brüste doch an Gewicht zunahmen und es zu Beschwerden im Brustansatz, sowie am Brustmuskel kam. Beinah ähnliche Beschwerden wie bei einem Muskelkater, dazu kommt ein Ziepen und Zerren und vor allem merkte ich bei jeder etwas heftigeren Bewegung die Eigenbewegung der Brüste. So manche Frauen kennen diese Probleme.
Nach vielen Untersuchungen von allen möglichen Blutwerten, Krebsvorsorge an Prostata und Hoden landete ich zudem beim Frauenarzt, der meine Brust auch mit Ultraschall und Mammographie untersuchte. Zuerst die Entwarnung, es ist kein Hoden-, Prostata- oder Brustkrebs. Zu den anderen Problemen gab er mir Vorschläge und stellte mir auch die OP vor und hat mich eingehend beraten.
Allerdings habe ich keine Chance diese von der Krankenkasse bezahlt zu bekommen, zum anderen ist mir das Risiko einfach viel zu hoch. Durch meine Krankenvorgeschichte ist zudem allein die Narkose problematisch und sollte wirklich nur in wirklichen Notfällen gemacht werden.
Dann kam der Satz, der Satz, der mich dann lange beschäftigte: "Tragen sie doch einen BH oder was meinen sie, wofür der da ist und wofür BH steht: das heißt Büstenhalter."
Das war verdammt schwer, ich als Mann mit BH, nein, dieser Lächerlichkeit wollte ich mich nun überhaupt nicht preisgeben.
So blieb erst einmal alles so wie es war, bis zu dem Zeitpunkt wo es wieder kribbelte in der Brust, wo wieder dieses Ziepen da war. Ich habe angefangen ganz verschämt in den entsprechenden Kaufhausabteilungen nach BHs zu suchen. So ein wenig hab ich im Internet ja schon nachgelesen zu der Frage, welche Größe könnte überhaupt passen und habe einfach in die Größentabellen der Händler geschaut, nachgemessen und meinte dann, eine Größe von 110C sollte bei einer UBW von 114 cm zu einer OBW von damals 132 cm richtig sein. Heute kenn ich meine durchschnittliche Größe mit 105/100C/D je nach Modell ganz gut und finde passende BHs die die Brust kaschieren und trotzdem eine gute Hilfe sind, vor allem aber eine Entlastung bringen.
Im Internet habe ich mit der Seite http://gynaekomastie.xobor.de/ eine gute Anlaufstelle gefunden, bei der einige Männer sich mit Erfahrungen zum Thema Gynäkomastie austauschen. Es ist ein sehr vielschichtiges Problem, von dem viele betroffen sind und man manchmal den Eindruck gewinnt, es sind sehr viel mehr Männer als man denkt.
Das Wichtigste, finde ich, ist es ungezwungen mit Fachleuten über dieses Problem reden zu können. Oft sind dies Frauen, denn sie kennen sich mit der Thematik von BHs und Brüsten einfach besser aus. Durch die Tabuisierung der Thematik trifft man leider doch oft auf Unverständnis und einen gewissen Unwillen Hilfestellung zu leisten. Denn ein Mann im BH widerspricht dann doch der gesellschaftlichen Konstruktion von Männlichkeit.
Chrisko